Mein Weg zu 5W/kg FTP als 45 Jahre alter Familienvater (Teil 3)

 

Hitzetraining: Benefits und Durchführung – ein Erfahrungsbericht

Durch meinen langen Trainingshintergrund und das zunehmende Alter ist es nicht gerade einfach, meinen Fitnesslevel zu steigern. Wo sind da noch Stellschrauben?

Wie bereits im zweiten Artikel dieser Serie erwähnt, brachte mir neben besserem Schlaf auch das Hitzetraining einen gewissen Leistungsvorteil.

 

Etwas Theorie:

Wenn sich der Körper erhitzt (das kann passiv z.B. Sauna/heißes Bad oder auch aktiv z.B. durch sportliche Aktivitäten in heißer Umgebung erfolgen), steigt natürlich auch die Hauttemperatur. Nun greift die Thermoregulation und der Körper sondert Schweiß ab um über die Verdunstungswärme, die Körperkerntemperatur zu senken/stabil zu halten. Dabei wird die Haut stark durchblutet – das funktioniert ähnlich des Prinzips eines Wärmetauschers.

Durch regelmäßiges Training in der Hitze löst man damit folgende Anpassungen aus:

  1. Steigerung des Blutplasmavolumens und der Hämoglobinmasse
  2. Reduzierte Elektrolytverluste (es geht beim Schwitzen weniger Salz verloren)
  3. Verbesserte Schweißproduktion

Vor nicht allzu langer Zeit wurde Sportwissenschaftlern und Medizinern bewusst, dass diese Anpassungen nicht nur vorteilhaft für die Performance der Sportler unter heißen Bedingungen sind, sondern auch bei kühlen Bedingungen Wirksamkeit zeigen.

Diese Wirksamkeit zeigt sich in einer Steigerung der FTP (in Studien findet man Werte zwischen 3 - 7%) sowie einer Steigerung der VO2max. Der konkrete Wert der Steigerung ist – wie vieles im Leben – sehr individuell.

Für mich war das jedenfalls genug Grund, es einfach mal auszuprobieren.

 

Meine Ersten Erfahrungen beim Hitzetraining

Angefangen hatte ich damit Mitte September letzten Jahres (2024).

Dabei starte ich am Indoor Trainer mit Winterbekleidung, ausgeschaltetem Ventilator und geschlossenen Fenstern. Ich wählte zum Start 230 W (einfach Grundlage) und war überrascht, wie einfach sich die ersten 10 min anfühlten. Das hat sich aber schlagartig geändert als sich mein Körper aufgewärmt hat und so begann ich richtig stark zu schwitzen und brach das Training nach bereits 30min und einem Maximalpuls von 172 bpm bei nur 200 W ab.

Die Werte waren wie folgt:

Dauer 30 min, Leistung: 211 W Schnitt (Rampe 230 --> 200 W)

162 bpm Schnitt / 172 bpm max!

Am Ende der 30 min prüfte ich meine Temperatur mit einem Infrarot-Thermometer im Ohr und das zeigte 38,9° C!

Der einzige Vorteil, wenn man viel Kleidung anhat: Der größte Teil des Schweißes bleibt in den Textilien (zumindest bei 30 min 😉) – die Waschmaschine freut sich.

Auch wenn das Training sehr unangenehm war, bin ich neugierig geworden und wollte das nun entsprechend kontrollierter machen.

Schritt 1: Temperatur messen: ich kaufte mir einen Core Sensor beim Radhändler

Schritt 2: ich diskutierte die Vorgehensweise mit meinem Coach

Schritt 3: ich erklärte alles meiner Frau – sie denkt trotzdem ich sei verrückt 😊

Zwei Tage später hatte ich bereits den Core-Sensor in meinen Händen und startete mit dem seitens Core vorgeschlagenem Heat Ramp Test Protocol:

 

 

 

 

 

 

 

Der genaue Ablauf wird in diesem Artikel hier sehr gut beschrieben: https://zwiftinsider.com/heat-ramp-test/

Ganz ehrlich: Man kann das Hitzetraining sicher auch mit einem Infrarot-Thermometer machen solange man das Körpergefühl beachtet und es nicht übertreibt. Da ich aber jemand bin, der gerne übertreibt, hilft es als Selbstschutz die Zahlen vor Augen zu haben. 😉

 

Welche Möglichkeiten gibt es nun, um die Hitzeanpassungen zu bekommen?

  1.  3 - 4 Einheiten pro Woche (ca. 1 h +/- 15 min) „parallel“ zum normalen Training z.B.: 5-Week Introductory Heat Training Plan | CORE Help Center
  1. 2 - 3 Blockwochen mit intensiven Hitzetrainings (6 Einheiten pro Woche) dann aber anstelle des normalen Trainings z.B.: Boosting Your Heat Adaptation Score | CORE Help Center

Da die Saison quasi vorbei war, hatte ich keinen Stress hier möglichst schnell eine hohe Adaption zu erlangen und hatte mich deswegen für die Methode 1 entschieden.

Nach der nächsten Offseason werde ich aber wohl auf die zweite Methode wechseln, denn die hat für Sportler, die bereits Erfahrung mit Hitzetraining gesammelt haben, entsprechende Vorteile.

Warum sehe ich die erste Methode nachträglich nachteilig an?

  • Das Hitzetraining ist eine nicht unerhebliche Zusatzbelastung für den Körper und es macht Sinn, sich in den Wintermonaten erstmal um den Aufbau der Leistung mit normalem Training zu kümmern.
  • Wenn durch das Hitzetraining die Regeneration und das normale Training leiden, dann wird man dadurch nicht besser, sondern kann sogar im Übertraining landen.
  • Hitzeadaption kann man sehr schnell erreichen (in nur 2 Wochen, wenn‘s sein muss) und damit erspart man sich das ständige „dranbleiben müssen“ (wenn mein Hitze-Adaption Score unter 85% sinkt werde ich schon leicht nervös)

Am Ende des Tages muss jeder für sich selbst entscheiden, was für ihn am besten funktioniert.


Richtige Durchführung des Hitzetrainings:

Da kaum jemand eine eigene Klimakammer fürs Training hat, muss der Hitzestau über mangelnde Kühlung hergestellt werden.

Was sich für mich bewährt hat:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Langes Funktionsshirt (saugt Schweiß gut auf)

Dünne Regenhaut (erzeugt einen sehr guten Hitzestau)

Windstopper Jacke / Hose sowie Haube und Handschuhe

Wenn man sehr viel schwitzt, kann ein zweites Paar Socken (und alte Radschuhe) sinnvoll sein.

Fenster und Türen im Raum geschlossen halten, Ventilatoren aus!

Ich fahre dann auf TPv mit einem abfallenden Wattprofil (Werte in %FTP)

5 min 80% / 5 min 74% / 5 min 67% / 5 min 63% / 10 min 60% / 30 min 57%

Die Anfangsleistung ist deswegen höher gewählt, um den Körper rasch auf Temperatur zu bringen aber Achtung: mehr ist nicht unbedingt besser (bei mir liegt die ideale Zone für max. Anpassungen bei vernünftiger Belastung zwischen 38,5° C und 39° C).

Der Körper hat eine gewisse Trägheit/Zeitkonstante und würde man zu hoch starten (hatte auch schonmal 90% probiert) dann heizt sich der Körper nur minimal schneller auf und schießt dann gerne über 39° C hinaus. Dadurch steigt die Gesamtbelastung unnötig an und der Einfluss aufs normale Training wird größer.

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Typisches Leistungsprofil bei 1h Hitzetraining (Leistung sinkt / Körpertemp. und Puls steigen)

 

Flüssigkeitsmanagement:

Bei den ersten Einheiten empfiehlt es sich, den Schweißverlust zu berechnen. Dazu einfach vor dem Training und nach der Hitzeeinheit ohne Kleidung auf die Waage.

Schweißverlust [l] = Gewicht vorher [kg] – Gewicht danach [kg] + Flüssigkeitsaufnahme [l]

Bei einem intensiven Hitzetraining können das durchaus bis zu 3 Liter pro Stunde werden!

Ca. 150% der verlorenen Flüssigkeitsmenge sollte man in den nächsten 3 - 4 Stunden wieder kontinuierlich aufnehmen aber Vorsicht, 4,5 Liter auf Ex zu trinken bringt gar nichts, weil der Körper nicht so viel Flüssigkeit auf einmal aufnehmen kann.

Ich habe mich eher an 100 - 120% gehalten und das war auch kein Thema. Zu wenig nach dem Hitzetraining trinken wäre allerdings fatal für die Regeneration!

Während der Einheit trinke ich eine 750 ml Falsche Wasser mit 50 g Carbs inkl. Elektrolyten versetzt. Nach der Aufwärmphase (20 min) starte ich mit kleinen Schlucken und trinke bis zum Ende die Flasche möglichst kontinuierlich leer (nicht zu viel auf einmal trinken denn das kühlt den Körper stärker).

Was behalte ich während des Trainings im Blick?

Ich verbinde meinen Core Sensor via Bluetooth mit TPv und kann damit die Körperkerntemperatur direkt als Datenfeld anzeigen. Soweit ich weiß, arbeitet Zwift auch gerade an einer Integration. Alternativ unterstützen auch Garmin oder Wahoo die Darstellung der Core Werte als eigenes Datenfeld.

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Sollte meine Temperatur über 39,2° C oder der Heat Strain über 6 steigen, dann schalte ich den Ventilator für 5min ein. Das kommt bei 1 Stunde Heat Training sehr selten vor.

Die Notbremse ziehe ich auch, wenn mein Puls auf über 175 bpm steigt (90% vom Max-Puls) oder ich mich nicht gut fühlen sollte.

Nach dem Training brauche ich erstmal 15 min zum Abkühlen ohne Kleidung. In dieser Zeit trinke ich 800 - 1000 ml Wasser. Danach erst in die wohlverdiente Dusche 😊

 

Was hat mir das Hitzetraining nun gebracht?

Hier der Vergleich zwischen meinem ersten Hitzetraining Mitte September und einer Heat Session nach einem Monat bei einer Core-Anpassung von 81% (beides 30 min):

 

Training 11.09.2024

Training 13.10.2024

Heat Adaption Score

0%

81%

Leistung Durchschnitt [W]

211 W

234 W

Puls Durchschnitt

162 bpm

152 bpm

Puls Maximal

172 bpm

159 bpm

 

Da gerademal ein Monat dazwischenliegt und ich am restlichen Training in diesem Zeitraum nichts geändert habe, führe ich den Großteil der Anpassungen auf das Hitzetraining zurück.

Was eindeutig besser geworden ist: die Körpertemperatur bleibt viel stabiler und es braucht mehr Watt um den Körper aufzuwärmen. Bei den normalen Trainings hatte sich aber auch einiges getan: HF durch die Bank um fast 10 Schläge niedriger (vor allem im Grundlagen-Tempo Bereich) und darüber hinaus ist die FTP gestiegen (aus den Trainings heraus würde ich sagen um ca 10 - 15 W). Die FTP-Erhöhung ist geringer ausgefallen als erwartet (3 - 4%) aber immerhin!

 

What’s next?

Mittlerweile (Stand Mai 2025) bin ich bereits drei Bergzeitfahren (nicht virtuell) und konnte alle in meiner Altersklasse mit deutlichem Abstand gewinnen bzw. mich auch in den Gesamtwertungen ganz vorne platzieren (3./4. und 5. Platz).

Zwei dieser Rennen bin ich bereits in der Vergangenheit (2018 und 2021) gefahren und konnte mich im Vergleich dazu massiv steigern. Das Hitzetraining hatte einen wichtigen Anteil am Erfolg – da bin ich mir sicher.

Was ich in der Vorbereitung zu einem Rennen berücksichtige (Simulation/Analyse der Strecke, Ernährung am Renntag, Pacing, Aufwärmen, etc..) werde ich dann im vierten Teil der Artikelserie zusammenfassen.

Hier die Strava-Links zu den Rennen:

Hill-TT Race Blassenstein 💪😎💨 | Radfahrt | Strava

Hill-TT Race Behamberg | Radfahrt | Strava

Perg TT Hillclimb (Roadbike) | Radfahrt | Strava (leider mit defektem PM – 25 W zu niedrig)

           

           

Natürlich freue ich mich über ein Follow auf Strava wo ich alle Trainings und Wettkämpfe transparent offenlege.

Facebook:       https://www.facebook.com/bernd.eichinger.1

Strava:             https://www.strava.com/athletes/67117097

 

Hier die Links zu den bereits veröffentlichten Teilen dieser Serie:

Teil 1

Teil 2