In dieser Artikelserie gibt Bernd Eichinger, ein leidenschaftlicher Rennradfahrer und Familienvater aus Österreich, Einblicke in seine Welt aus Training, Wettkampf und persönlichen Erfahrungen auf dem Rennrad. Zwischen harten Intervallen, taktischen Entscheidungen und Momenten des Triumphs erzählt er, was ihn antreibt, wie er sich vorbereitet und welche Lektionen er auf zwei Rädern gelernt hat und wie er diesen Aufwand mit dem Familienleben koordiniert.
Einleitung, Historie und Ausblick
In meinen Jugendjahren hatte ich mich immer viel bewegt aber der Ausdauersport war für mich total fremd und meine Stärken hatte ich damals in schnellkraftbetonten Sportarten gesehen. Im Zuge meines Studiums hatte ich die Bewegung total vernachlässigt und sogar mit dem Rauchen angefangen. Tja, mit 20 war mir das Sixpack naturgegeben und plötzlich hatte ich leichtes Übergewicht und war so unfit wie noch nie.
An meinem 30. Geburtstag (2010) machte mich meine Mutter auf die entstanden Speckröllchen aufmerksam, und das war für mich der Startschuss, mich mit dem Ausdauersport auseinander zu setzen.
Ein Freund verkaufte mir seinen alten Alu-Renner (9-fach Schaltung!) für 400 € und am nächsten Tag machte ich meine allererste Rennrad Ausfahrt. Ich startete mit Rückenwind und war super motiviert. Erst nach 50 km drehte ich um und hatte starken Gegenwind im Gesicht. Ich erinnere mich noch ganz genau wie mein Stolz es mir untersagte, meine Freundin anzurufen und ich nach 100 km von Krämpfen geschüttelt, völlig erschöpft aber glücklich endlich wieder daheim ankam.
Eine Kurzfassung meiner ersten 4 Jahre:
- April 2010: 95 kg Körpergewicht bei 187 cm, gebrauchtes Rennrad gekauft, erste Ausfahrt 100 km - völlig fertig aber süchtig geworden
- April - August 2010: Training mit ca. 4-6 Stunden/Woche überwiegend langsame Grundlagenausdauer ohne festen Trainingsplan
- August 2010: erste sportmedizinische Untersuchung: 85 kg Körpergewicht, 190 Watt Schwellenleistung
- 2011: Training nach "A time-crunched cyclist" mit durchschnittlich 8 Stunden/Woche auf dem Rad.
- Januar 2012: 80 kg Körpergewicht, erneuter Laktattest: 270 Watt Schwellenleistung
- Januar – März 2012: Training mit Powermeter und Coach durchschnittlich 15 Stunden/Woche.
- März 2012: Nächster Laktattest: 79 kg Körpergewicht, Schwelle 320 Watt! (das war eine Hammer Steigerung durch gezieltes Training mit meinem SRM Wattmesser)
- Juli 2012: Nächster Laktattest: 77 kg Körpergewicht, Schwelle 334 Watt
- März 2013: Laktattest: 74 kg Körpergewicht bei 336 Watt Schwelle
- 2013: Durschnittlicht mit 17 Stunden/Woche das Jahr mit dem meisten Pensum aber stagnierende Leistung
- September 2013: Wechsel auf neuen Coach - Umstellung Training auf stärker polarisiert (mehr im roten Bereich)
- August 2013: Ötztaler Radmarathon 8h21min
- November 2013: Anstieg der Schwellenleistung auf 346 Watt (und das trotz reduziertem Stundenumfang von 12 Stunden/Woche)
- 2014: Durchschnittlich 14 Stunden/Woche
- August 2014: Ötztaler Radmarathon 7h54min
- September 2014: CP30 Test: Schwellenleistung 355 Watt bei 73,5 kg Körpergewicht
Wie ging es danach weiter? Naja, etwas durchwachsen um ehrlich zu sein.
Ich hatte 1 Jahr, in dem ich sogar komplett auf das Rennradtraining verzichtet habe, um mit dem Laufen anzufangen - einfach um eine Abwechslung zu haben. Die Steigerung war super (nach ein paar Monaten 10 km in 37 min, 5 km in 17:30 min, Halbmarathon in 1:21 Stunden) aber dann kamen die Verletzungen. Mein Trainer hat es treffend beschrieben, als er sagte: „Du hast einen Porsche-Motor in einem VW-Käfer-Chassis - das geht nicht zusammen“.
Dann kam der Hausbau (2015-2016), die Hochzeit, das erste Kind (2019) und das zweite Kind (2021). Ich habe nie aufgehört, regelmäßig zu trainieren, aber es war einfach viel schwieriger, die Konzentration und damit die Leistung hoch zu halten. Die härteste Umstellung war dann das zweite Kind. Ich hätte nie gedacht, wie groß der Unterschied ist und auch im Beruf wurde der Stress größer. Ich war gefangen zwischen Leistungsstagnation, Krankheit und langsam schlich sich die Frage ein, ob ich nicht schon zu alt für den Leistungssport bin?
Doch seit 2024 habe ich einen Weg gefunden, aus diesem Tief herauszukommen und stärker denn je daraus hervorzugehen. Mittlerweile bin ich 45 Jahre alt, habe aber die besten Leistungswerte aller Zeiten. Ich kann 3 Minuten mit knapp 500 Watt fahren und habe eine FTP von 365 Watt (5 W/kg - 73 kg / 187 cm). Ich werde dieses Jahr auch an einigen Wettkämpfen teilnehmen und hoffe, dass ich diese Leistung auch auf die Straße bringen kann.
Ich habe über die Jahre viel gelernt und möchte das gerne in einer kleinen Artikelserie weitergeben (Trainingsaufbau, Hitzetraining, Ernährung, Mentales, etc).
Ich freue mich über Anfragen auf Strava. Dort dokumentiere ich neben den Trainingpeaks auch jede Einheit und am Sonntag immer die Wochenübersicht.
Facebook: https://www.facebook.com/bernd.eichinger.1
Strava: https://www.strava.com/athletes/67117097
More to come…
Leistungsentwicklung „sichtbar“ gemacht
230W Schwelle, 85kg, 31 Jahre (2011) | 350W Schwelle, 74kg, 38 Jahre (2018) |
Einer meiner schönsten Erfolge (Sub 8h Ötztaler Ziel erreicht)