Ein Kommentar zur Preiserhöhung von Zwift

Die letzten Tage waren stürmisch für Zwift auf den Social-Media-Kanälen und in den Zwift Foren. Die angekündigte Preiserhöhung zum Juni 2024 wurde fleißig kommentiert und auch kritisiert. Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass in den letzten Jahren alles teurer geworden ist und die letzte Preiserhöhung von Zwift tatsächlich auch schon 7 Jahre zurück liegt. Inflationsbereinigt ist die Erhöhung von gut 30% akzeptabel. Hinzu kommt, dass es sich um ein Nischenprodukt nur für Radfahrer handelt und daher der Markt einfach nicht so groß ist bei trotzdem hohen Entwicklungskosten. Außerdem sind viele Radfahrer bereit für ihre Ausrüstung richtig viel Geld auszugeben. Genau hier gibt es aber einen Knackpunkt. Es ist der Gegenwert, der vielen Kunden sauer aufstößt.

Zwift verfügt über eine sehr große und auch aktive Community, die regelmäßig Ideen und Weiterentwicklungen anregt und auch fordert. Zwift hat es in den vergangenen Jahren aber nicht verstanden diese Ideen aufzugreifen. Vielmehr wurde daran vorbeientwickelt. Die neue Repack Rush Strecke, die überarbeiteten Gesichter der Avatare oder das überarbeitete Kategorie System sind nur einige Beispiele.

Die nun angekündigte Preiserhöhung führt dazu, dass User kritischer mit der Frage umgehen, welchen Gegenwert sie für ihr Geld bekommen. Zwift ist immer noch eine tolle Trainingsplattform, die es uns ermöglicht wetterunabhängig und in Gemeinschaft unserem Hobby nachzugehen. Wer Zwift regelmäßig nutzt, wird auch den neuen Preis akzeptieren. Trotzdem Fragen sich einige User auch, ob das Sponsoring im Profibereich und der immense Aufwand im Bereich der Werbung vielleicht dazu führt, dass die Ressourcen für die Weiterentwicklung der Software fehlen, bzw. mit den derzeitigen Einnahmen nicht zu stemmen sind. Viele kommen dann zu dem Schluss, das Zwift die falschen Schwerpunkte setzt und mit seiner Community, die Zwift zu dem macht was es ist, fahrlässig umgeht.

Auch Teams oder Organisatoren von Rennen sind mit dem derzeitigen Status unzufrieden, weil er einen deutlichen Mehraufwand für die vielen freiwilligen Helfer bedeutet. Sie monieren insbesondere die fehlende Weiterentwicklung bzw. Integration von ZwiftPower, der Plattform für die Auswertung der Rennergebnisse. Zusätzlich fühlen sich die User, die regelmäßig an Rennen teilnehmen nicht mitgenommen von Zwift. Grund hierfür ist das fehlende Interesse von Zwift Cheater von Rennen auszuschließen bzw. mit einem optimierten Kategorie System möglichst vielen Fahrern spannende und fordernde Rennen zu bieten.

Auch hier sehen viele eine Unausgewogenheit bzw. fehlende Logik. Auf der einen Seite investiert Zwift sehr viel Geld in das Sponsoring von Profirennen. Auf der anderen Seite werden in Zwift die Teilnehmer an Rennen als Minderheit gesehen, für die gefühlt wenig bis keine Ressourcen investiert werden.  Anders ist die versprochene und längst überfällige Überarbeitung des Punktesystems, auf dem auch die Ranglisten der Fahrer basieren, nicht zu erklären.

Die Preiserhöhung um € 5 im Monat ist also nicht wirklich das Problem. Vielmehr fühlen sich viele Fahrer nicht mitgenommen bei der Weiterentwicklung der Software.

Hier wird es spannend zu sehen, wie andere Anbieter von der Situation profitieren können. Neben den bereits etablierten Anbietern Rouvy und MyWoosh scheint IndieVelo vieles richtig zu machen. Zwar befindet sich die Community im Aufbau und ist deutlich kleiner als die Anhängerschaft anderer Anbieter aber indieVelo versteht es sehr gut die Ideen aufzunehmen und die Kreativität der User für die Weiterentwicklung zu nutzen. Die noch recht junge Software entwickelt sich rasant weiter und bekommt wöchentlich neue Updates. Die Downloadzahlen sind nach der Preiserhöhung von Zwift deutlich angestiegen.

Trotzdem wird Zwift weiterhin der Platzhirsch bleiben und die fehlenden Einnahmen durch die Kündigungen einiger User werden durch die Mehreinnahmen mehr als kompensiert. Ob die Investoren trotz kurzfristiger Kompensation langfristig zufrieden sein werden, bleibt fraglich.

Was bleibt ist die Hoffnung, dass Zwift seine Weiterentwicklungsstrategie überdenkt und beginnt, die Kosten für Werbung und Sponsoring zu reduzieren. Wer als Radsportinteressierter Zwift bis heute nicht wahrgenommen hat, wird das auch künftig nicht tun. Wenn Zwift die bestehenden Kunden zufriedenstellen kann, werden diese auch bereit sein, höhere Preise zu bezahlen.

 

Autor: Roman Edelhelfer