Rainer Beckers Weg zur Deutschen Meisterschaft 2022

Am 3. Juli 2022 fanden in Görlitz die Deutschen Meisterschaften statt. In der Klasse Senioren  3 holte sich Rainer Beckers den Sieg und ist somit Träger des Trikots mit den schwarz-rot-goldenen Brustringen. Die WattFabrik gratuliert Rainer ganz herzlich zu dieser tollen Leistung! Schön einen Deutschen Meister in den Reihen zu haben. Im folgenden Bericht schildert Rainer seinen Weg zur Deutschen Meisterschaft.

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Vorbereitung:
Die körperliche Vorbereitung, sprich das Training verlief in den letzten Wochen und Monaten größtenteils richtig gut, sodass ich mich aus dieser Sicht gut vorbereitet fühlte. Leider schlichen sich jedoch extreme Formschwankungen in den vergangenen 2-3 Wochen ein verbunden mit extremen Schmerzen in der Muskulatur der rechten Kniekehle. Der Grund war mir ein Rätsel. Somit stand die Teilnahme an der DM doch stark in Frage. Erst vergangenen Mittwoch kam dann die Erklärung! Eine marginal verstellte Sitzposition war der Grund. Nach einer anschließenden entspannten Trainingsrunde, fiel dann die Entscheidung pro DM!

Also auf nach Görlitz. Am Freitagmittag direkt vom Büro aus ging es los.
Treffen mit meinem Teamchef Michael Donner in Wuppertal und die normale staureiche Anfahrt in den äußersten Osten der Republik. Ankunft nach 8 1/2 Stunden Autofahrt um 22 Uhr. Auspacken aufs Hotelzimmer und schlafen.


Samstag:
Der Tag der letzten Vorbereitungen, Startnummer abholen, Meisterschaftsstrecke nochmal abfahren. Hat sich vielleicht etwas geändert? Wurden die Hügel eventuell aufgeschüttet oder abgetragen?
Nein, alles wie immer seit den vergangenen Meisterschaften vor der Corona Zwangspause.
Der Abend verläuft wie immer, Tour de France schauen, essen und hoffen einigermaßen schlafen zu können.


Sonntag:
Der Moment der Wahrheit rückt näher! Nach durchwachsener Nacht um 7 Uhr aus dem Bett quälen und sich die Frage stellen: Warum in aller Welt mache ich das heute schon wieder?
Egal.
Frühstücken um 7:15 Uhr, da der Start ja um 9:30 Uhr erfolgen wird. Kurzes verbales Geplänkel mit ein paar weiteren Teilnehmern der DM am Frühstückstisch. Es gibt tatsächlich noch mehr so bekloppte wie mich! Wieder hoch ins Zimmer, 3. Etage, jeder Radfahrer weiß was das heißt: übersäuerte Oberschenkel. Taschen runter. Umziehen, denn die 5 km zum Startort rolle ich mit dem Rad hin.
Angekommen, Einschreiben und noch etwas mit einem ehemaligen lieben Teamkollegen weiter warmfahren.


Rennverlauf:
Start! Es wird ernst. Die Meute, ca. 65 Fahrer aus ganz Deutschland rollt los. Wider Erwarten nicht ganz so schnell wie ich dachte. In den folgenden Runden wird ein stetiges hohes Tempo angeschlagen. Das Fahrerfeld dünnt sich dadurch leicht aus. Es sind aber immer noch ca. 50 Fahrer zusammen. Dann in der vorletzten Runde an einem steileren Anstieg auf dem Rundkurs eine ernsthaftere Attacke. Die Gruppe reißt in zwei Teile. Ich bin vorne bei den ersten ca. 20 Jungs. Das Tempo bleibt im Anschluss jedoch nicht hoch genug, sodass eine größere Gruppe wieder Anschluss findet. Mit ca. 40 Verbliebenen geht es auf die letzte Runde. Jetzt heißt es aufpassen und bei eventuellen Attacken dabei sein. Die Runde verläuft zunächst unspektakulärer als erwartet. Mir soll es recht sein. Erst am letzten giftigen Anstieg ca. 2,5 km vor dem Ziel wird es dann doch nochmal ernst. In guter Position achte ich auf die Konkurrenz, um plötzlich aufreißende Lücken schließen zu können. Die Spitze bleibt aber zusammen. Also nochmal volle Konzentration auf das Sprintfinale. Position halten und auf einen guten Schlusspunch vertrauen! Aber Achtung die Zielgerade ist heimtückisch. 800 m lang, breit und zum Ziel immer stärker anstrengend. Hier sind schon viele, die zu früh Tempo machten, „verhungert“. Wir nähern uns der 250 m Marke und ich befinde mich in hervorragender 2. Position. Dann bei 200 m kommt die Attacke von hinten, zu meiner Rechten fährt Frank Meeßen aus Würselen (ein ehemaliger Teamkollege von mir) an mir und dem Führenden vorbei. Jetzt heißt es All-In gehen. Gedacht getan, 100 m vor dem Ziel habe ich den Angriff pariert und kann mit immer noch viel Kraft in den Beinen und mit deutlich höherem Tempo vorbeiziehen. 50 m, die Sache wird gewisser, keiner mehr direkt am Hinterrad und die Ziellinie fliegt mir entgegen!
Kurzer Überleger: Wie jubelst du denn jetzt? Typisch Sprinter freihändig oder, wie ich es bevorzuge sicherer mit der rechten Hand am Lenker und die Linke in dem Himmel gereckt. Die zweite Variante wird es dann.

 

Die Linie, die Gewissheit, du bist hier gerade als Erster bei der DM durch Ziel gefahren. Mit einem Schrei muss unwillkürlich die Anspannung raus.
Weiterrollen, kopfschütteln, die ersten Gratulanten aus dem Feld der geschlagen Fahrer kommen vorbei, weiterrollen, kurz absteigen einen Moment des Alleinseins mit meinem Arbeitsgerät, dann zurück und meinem fast weinenden Teamchef Michael Donner in die Arme fallen. Nach so vielen knappen Versuchen hat es heute geklappt. Ein perfektes Rennen an einem wunderschönen Tag.

Was folgt ist die Siegerehrung mit Nationalhymne und der obligatorischen Gänsehaut dazu. Dann Dopingkontrolle und endlich raus zum Genießen. Die Siegertorte wird noch gegessen und
der Tag endet mit einer siebenstündigen Heimfahrt.
Der Titel ist das größtmögliche sportliche Ziel, welches noch in meiner so langen Laufbahn als Radrennfahrer fehlte. Bedeutet aber auch noch mindestens ein weiters Jahr aktiv zu bleiben und das schöne weiße Jersey mit den schwarz-rot-goldenen Brustringen präsentieren zu dürfen.

(Autor/Fotos: Rainer Beckers)

 

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