ZwiftRacing Ranking System – Das nächste Puzzlestück?

Dieser Artikel basiert in großen Teilen auf dem Artikel von James Eastwood. Erschienen am 17. Oktober 2022 auf https://zwiftinsider.com/zwiftracing/ .

 

Seit Jahren besteht in der Zwift Community der Wunsch nach Verbesserungen im Ranking System, einhergehend mit gerechteren Rennen und der Lösung des Sandbagger Problems. Rennveranstalter sollten die Möglichkeit bekommen, die Startpens individuell für ihre Rennen anzupassen. Damit könnte ein System aufgebaut werden, in dem es sich lohnt, in einem starken Fahrerfeld um Positionen im hinteren Bereich zu kämpfen, auch wenn der Sieg oder eine Platzierung in den vorderen Bereichen unrealistisch ist. Zahlreiche Artikel wurden geschrieben begleitet von teilweise hitzigen Diskussionen in den einschlägigen Foren.

Zwift hat einige große Fortschritte im Bereich des "Wettbewerbs", wie sie es nennen, erreicht. Die Durchsetzung der Kategorien (Category Enforcement, CE) hat das Problem der Sandbagger (Fahrer, die absichtlich unterhalb ihrer Kategorie fahren) und der Cruiser (Fahrer, die ihre 20-Minuten-Leistung sorgfältig verwalten, um in einer niedrigeren Kategorie zu bleiben) praktisch beseitigt. Doch so großartig das Category Enforcement auch ist, es zeigen sich zwei große Probleme:

  1. Die Erlebnisse eines Fahrers in einem Rennen sind in der Regel gleichbleibend (immer um den Sieg kämpfend oder mitfahrend, aber nicht um den Sieg kämpfend oder ganz hinten).
  1. Das "Category Enforcement"-System fördert nicht unbedingt erfolgreiche Rennfahrer, was nach Meinung der meisten von uns der Fall sein sollte.

Zwift ist sich dessen sicherlich bewusst, da die jüngsten Forenbeiträge gezeigt haben, dass sie ihre Aufmerksamkeit weg vom Category Enforcement und hin zu einem Ranglistensystem lenken, das auf dem ZwiftPower/USAC-Ratingmodell basiert.

Es gibt jedoch einige Bedenken bezüglich der ZP/USAC-Ranking-Ansätze. So würden viele User es bevorzugen, wenn man sich an der Welt der Computerspiele orientieren könnte: Dort werden bereits effektive Rankingsysteme genutzt. Es gibt viele Online-Spiele, die Systeme mit extrem cleveren Algorithmen verwenden, die die Komplexität von häufigen Wettkämpfen zwischen vielen Spielern berücksichtigen. Eine Herausforderung ist beispielsweise die Einstufung neuer, wiederkehrender oder seltener Spieler.

Die gute Nachricht ist, wie wir in letzter Zeit bei anderen Projekten wie Sauce4Zwift bemerkt haben, dass man sich immer auf die Community verlassen kann, wenn es darum geht, etwas Beeindruckendes zu entwickeln! Diesmal ist der langjährige Zwifter Tim Hanson mit seinem ZwiftRacing-Ranking-System an der Reihe (verfügbar unter www.zwiftracing.app).

 

ZwiftRacing - Überblick

Das ZwiftRacing-System verwendet den Elo-MMR-Algorithmus, um Fahrer auf Grundlage ihrer Leistungen im Vergleich zu anderen Rennfahrern einzustufen. Viele Leser kennen die Elo-Rangliste vielleicht aus dem Schach. Elo-MMR ist eine Weiterentwicklung dieses Systems für die Welt der Online-Spiele, wobei viel mehr Intelligenz hinzugefügt wurde, um die verschiedenen Arten der Interaktion der Benutzer mit der Spielesoftware zu berücksichtigen. Zudem werden die Möglichkeiten eingeschränkt, wie das System absichtlich umgangen bzw. manipuliert werden kann, was das Erlebnis für andere Benutzer verschlechtert. Mathematisch gesehen handelt es sich um ein Bayes'sches Modell. Einfach ausgedrückt bedeutet es die Einstufung einer "statistischen Überzeugung" über eine Platzierung, die aktualisiert wird, wenn sich aufgrund zusätzlicher Beweise mehr Gewissheit ergibt.

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Stärken des ZwiftRacing-Rankingsystems

  • Anfängliches Setzen von neuen oder zurückkehrenden Fahrern unter Verwendung von Leistungsmetriken, damit sie die Rennen der niedrigeren Klassen nicht stören
  • In den Algorithmus integrierter Konfidenzfaktor, damit neue Fahrer so schnell wie möglich eine genauere Position innerhalb der Rangliste erhalten
  • Die Ranglisten werden dreimal pro Jahr zurückgesetzt, um den Wettbewerb aufzufrischen
  • 7 Klassen (Ranglisten) von Bronze bis Grand Champion, um zu sehen, wie man im Vergleich zur Konkurrenz dasteht (mit Unterstützung von Unterstufen)
  • Die genaue Rangliste ändert sich unabhängig davon, wie die Startpens aufgeteilt sind - dies ermöglicht eine effektive Einstufung von Fahrern in leistungsbezogenen oder Altersklassenrennen sowie in Startpens, die nach der Rangliste selbst organisiert sind

Schon ein Blick auf die Ranglisten offenbart einige faszinierende Informationen. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass es eine starke Korrelation zwischen Fahrern mit einer hohen W' (anaerobe Kapazität) und Sprintleistung und ihrer Platzierung gibt, während die Schwellenleistung (FTP bzw. CP) nicht so stark ins Gewicht fällt. Das macht durchaus Sinn, wenn man sich die meisten Zwift Rennen ansieht. Man braucht eine ausreichend hohe Schwellenleistung, um sich im Feld zu halten, aber die Schlüsselmomente eines Rennens werden durch Zwischensprints oder kurze Anstiege (kurzzeitige, wiederholte Leistung) oder einen Schlusssprint um die Zielposition entschieden.

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Dieses Rangsystem würde auch ohne vollständig konfigurierbare Startpen-Grenzen dynamischere Rennen ermöglichen. Da jede Klasse 3 Unterranglisten hat (z.B. Gold 1, Gold 2, Gold 3), gibt es insgesamt 17 (Frauen 12) Ranglisten. Ein Organisator könnte z.B. Startpen A als Grand Champion bis hin zu Platin 2 und Startpen B als Platin 3 bis hin zu Silber 1 einstellen. Die Vielfalt der Konfiguration dieser Startpens würde es den Zwiftern ermöglichen, viele verschiedene Arten von Renndynamik zu erleben - manchmal an der Spitze des Rennens und manchmal im Kampf um Ranglistenpunkte am Ende.

Die Zwift-Community hat einige große Verbesserungen für das gesamte Ökosystem beigesteuert - ZwiftPower und WTRL-Rennen sind die beiden größten Beispiele. Bleibt zu hoffen, dass Zwift diese Ranking-Methode auch in Zukunft als Option in Betracht ziehen wird (zusammen mit dem wichtigen Toolkit für Rennveranstalter).

James Eastwood hat mit dem ZwiftRacing-Entwickler Tim gesprochen, um weitere Einblicke zu erhalten.

 

ZwiftRacing.app - Interview mit dem Erfinder Tim Hanson

Hallo Tim, zunächst einmal bin ich sehr beeindruckt von ZwiftRacing.app. Könntest du ein wenig darüber erzählen, was dich dazu gebracht hat, so viel Arbeit hineinzustecken? Welches Problem wolltest du lösen?

Es gab ein paar Dinge, die zu einem ähnlichen Zeitpunkt zusammenkamen und zur Gründung von ZwiftRacing führten. Ich bin schon seit langem Software-Entwickler mit Interesse an UI- und UX-Entwicklung, aber in letzter Zeit habe ich viel Erfahrung mit Angular gesammelt. Ich wollte eine Projektidee finden, bei der ich die Gelegenheit nutzen konnte, React zu lernen.

Unabhängig davon kam mir der Gedanke, dass es einen alternativen Ansatz für das Ranking von Fahrern geben muss, der sich an anderen Online-Videospielen (wie z. B. Rocket League) orientiert. Bei dieser Art von System ändert sich die Bewertung eines Spielers nach jedem Ereignis um einen bestimmten Wert. Die Richtung der Veränderung (nach oben oder unten) und die Höhe der Veränderung hängen von der Endposition des Fahrers und der Konkurrenz ab.

Wenn man etwas tiefer in die Materie eintaucht, scheint es viele der Bedenken auszuräumen, die ich gegenüber einem Ranglistensystem hatte, wie z. B. die Berücksichtigung von neuen oder zurückkehrenden Fahrern im Herbst oder dass es nur Fahrern, die sehr häufig Rennen fahren, eine genaue Rangposition gibt. Kannst du etwas über das Ranglistensystem (ELO-MMR) sagen und warum du der Meinung bist, dass es gut zu Zwift passen würde?

Wie du bereits erwähnt hast, basiert dieses System auf einem Konzept, das für die Schachwelt entwickelt wurde, namens ELO, und wurde erweitert, um in den Bereich der Massively-Multiplayer-Spiele (MMO) zu passen. Es leistet wirklich gute Arbeit bei der Auswertung einer Reihe von Ergebnissen, um festzustellen, welche Änderungen an der Bewertung jedes Spielers erforderlich sind.

Bei diesem Ansatz zählt jeder Platz in jedem Rennen, und das ist für mich das Hauptargument. Ich liebe die zusätzliche Motivation, wenn ich ein paar Kilometer vor Schluss total platt auf dem Rad sitze. Ich befinde mich normalerweise in einer Situation, in der ein paar zusätzliche Plätze an der Ziellinie den Unterschied ausmachen können, ob meine Wertung nach oben oder unten geht.

Außerdem kann man, sobald man die Fahrer in Ränge eingeteilt hat, über die A/B/C/D-Kategorisierung hinwegsehen, die an einen einzigen Datenpunkt im Leistungsprofil eines Fahrers gebunden ist, und sich einer ergebnisbasierten Metrik zuwenden, bei der man sicher ist, dass man gegen andere antritt, die ein ähnliches Leistungsniveau haben wie man selbst. Wie in jedem anderen Videospiel sind die anderen Fahrer um einen herum vielleicht stärker, aber vielleicht bist du besser in der Renntaktik bzw. Timing und kannst sie trotzdem schlagen. Dies ist ein oft übersehener Aspekt bei Zwift-Rennen. Meistens sind es die starken Fahrer, die auch im Windschatten effizient sind, die am Ende die Nase vorn haben.

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Die Rangliste wird dreimal pro Jahr zurückgesetzt. Welchen Sinn hat das, und wie wirkt sich das auf die Rennerfahrungen zu Beginn der Saison aus?

Dies ist ein weiteres Konzept, das von anderen Online-Videospielen übernommen wurde. Jeder Fahrer (abgesehen von den Grand Champion-Fahrern) behält seine aktuelle Klasse bzw. Unterrangliste (z. B. Platin 1), aber seine Bewertung innerhalb dieser Klasse bzw. Unterrangliste wird zurückgesetzt. Eine weitere Auswirkung des Saisonwechsels ist, dass die erste Serie von Rennen, die in einer bestimmten Saison absolviert werden, einen größeren Einfluss auf die Bewertung haben als die nachfolgenden Rennen.

Der Hauptgrund, warum dies vorteilhaft ist, ist, dass es neueren Fahrern (und Fahrern, die nach einer gewissen Zeit der Abwesenheit von Zwift zurückkehren) einen schnelleren Weg zu einer Bewertung ermöglicht, die ihre Leistung und ihr Können besser widerspiegelt.

Wie kannst du dir vorstellen, dass Zwift diese Ranglisten in Zukunft zur Verbesserung des Rennsports nutzen wird?

Ich bin mir sicher, dass das Zwift viele großartige Ideen zur Verbesserung des Rennerlebnisses und der Community hat, die sie nicht in dem Tempo umsetzen können, wie sie es sich wünschen. Aber wenn ich mir eine (unwahrscheinliche) Welt vorstellen müsste, in der sie daran interessiert wären, dieses System zu nutzen, dann könnten sie das System der A-E-Kategorien abschaffen und es durch eine einzige Anmeldung ersetzen, bei der Zwift dich in die Gruppe derjenigen einordnet, die deiner Bewertung am nächsten kommt.

Gibt es Bereiche, in denen du das Gefühl hast, dass der Ranking-Algorithmus keine perfekte Arbeit leistet? Was würdest du dir wünschen, dass er berücksichtigt, was er nicht tut?

Das Hauptproblem ist derzeit, dass Punkterennen mit Segmenten nicht korrekt unterstützt werden, da jede Rennserie ihre eigenen Punktdefinitionen hat. Diese Veranstaltungen (z.B. ZRL) werden derzeit als normale Scratch-Rennen gewertet. Ich würde gerne mit den Organisatoren von Veranstaltungen/Serien zusammenarbeiten, um diese Punktekriterien an einer zentralen Stelle zu definieren, so dass Änderungen der Wertung auf der Grundlage der erhaltenen Punkte berechnet werden könnten.

Hast du eine Vision für die weitere Entwicklung? Welche Dinge würdest du gerne tun?

Ja, natürlich. Ich bin Vater von drei kleinen Kindern und habe viel mehr Ideen als Zeit. Hier sind einige von ihnen (einige sind schon weiterentwickelt als andere):

  1. Erfolge - Aufbauend auf dem (sehr erfolgreichen) Abzeichen-System von Zwift möchte ich eine Reihe von rennbezogenen Abzeichen einführen, die die Fahrer anstreben können. Bislang habe ich 71 definiert. Dinge wie:
  • Beende ein Rennen in jeder Welt
  • Ein Rennen in Crit City gewonnen
  • Podiumsplatz in einem Bergrennen
  • Mehr als 1000W über 15 Sekunden
  1. Club-Ranglisten - Wettbewerbe machen Spaß, warum also nicht eine Möglichkeit für Clubs schaffen, sich zu messen, um zu sehen, wer der Beste ist? (DIRT natürlich)
  1. Suche nach Club/Team - Es gibt derzeit keine Möglichkeit für nicht angeschlossene Zwifters, einen Club und/oder ein Team zu finden, das für sie geeignet ist, wenn es darum geht, sich für eine Rennserie wie die ZRL von WTRL oder die DIRT DRS zusammenzuschließen. Ich würde diese Lücke gerne füllen und einen Platz für Clubkapitäne schaffen, um nach neuen Fahrern zu suchen, die zu ihren Zeitzonenpräferenzen passen.

 

Mach mit beim ZwiftRacing Ranks Trial-Rennen!

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Am Mittwoch, den 19. Oktober um 21:00 Uhr gibt es ein Trial-Ranglisten-Rennen. Du kannst dich hier anmelden. Bitte vergewissere dich, dass du den richtigen Startpen auf der Grundlage deines ZwiftRacing-Rankings auswählst:

Pen E: Ranking über 4000 auf www.ZwiftRacing.app (Platinum 1 und höher)
Pen D: Ranking über 3250 auf www.ZwiftRacing.app (Gold 1 und höher)
Pen C: Ranking über 2500 auf www.ZwiftRacing.app (Silver 1 und höher)
Pen B: Ranking über 2000 auf www.ZwiftRacing.app (Silver 3 und höher)
Pen A: Ranking unter 2000 auf www.ZwiftRacing.app (Bronze)

Anmeldung unter: www.zwift.com/events/view/3179031

Das Rennen findet auf 2 Runden der UCI Worlds 2015 Strecke von Richmond statt.

 

Hinweis:

ZwiftRacing.app ist im BETA Status. Absicht ist es, mit den Erfahrungen und den Daten aus dieser Saison Verbesserungen für die kommende Saison zu realisieren.

(Mit freundlicher Genehmigung von James Eastwood.)